DURCH DIE WELT NACH HAUSE
Die Lebensreise des Frederic Morton
Buch und Regie Andrea Eckert, A/USA, 2009
Produktion Fischer Film
Uraufführung 25. Oktober 2009 Künstlerhauskino
im Rahmen der VIENNALE 2009
Erstausstrahlung 29.11.2009 - ORF2
"Das wirkliche Ich ist wahrscheinlich der Fritz Mandelbaum."
Das ist einer der zentralen Sätze, die der Betsellerautor Frederic Morton in diesem Film spricht. Wer die Heimat verliert, gewinnt zwei Fremden: Morton, der im Februar 1940 - damals noch als Fritz Mandelbaum - auf der Flucht vor den Nazis in die Vereinigten Staaten kam, trägt wie so viele andere Emigranten diese beiden Fremden in sich. Und er hat bis heute nicht vergessen, wo seine lange Reise begann.
Die Schauspielerin und Regisseurin Andrea Eckert hat den gebürtigen Wiener in New York aufgespürt und begleitet und kehrt mit ihm in die Thelemanngasse im 17. Wiener Gemeindebezirk zurück, wo sein Vater eine Fabrik besaß. Dabei erweist sich Morton - selbstverständlich - als großartiger Erzähler, etwa wenn er seine Kindheitserinnerungen an das Wien der 20er Jahre schildert. Die arme, aber glückliche Kindheit sollte mit dem "Anschluss" jäh zu Ende sein. Und der Neubeginn war schwierig: Als sich der Nebel über Manhattan genau in dem Moment lichtet, als die Familie Mandelbaum ihr Ziel erreicht, sind die Hochhäuser für den Buben "weniger imponierend als erschreckend".
Durch die Welt nach Hause ist ein Film über eine Heimkehr. Es geht Andrea Eckert in ihrem genauen, filmisch opulenten Porträt um den Menschen Fritz Mandelbaum, der nach eigenen Worten in zwei Exilen lebt: in einem geografischen und einem zeitlichen. Das wirkliche Ich des Amerikaners Frederic Morton lebt noch immer im Wien der 30er Jahre.
Durch die Welt nach Hause gewann die ROMY für den besten österreichischen Fernsehdokumentarfilm 2009.
Durch die Welt
Der große, österreichisch-amerikanische Schriftsteller Frederic Morton starb unlängst im Alter von 90 Jahren. Der ORF zeigte deshalb Andrea Eckerts Dokumentarfilm „Durch die Welt nach Hause“. Morton erzählt darin von seiner Kindheit als Fritz Mandelbaum in Wien_Hernals, von der Verfolgung, der seine Familie ausgesetzt war und der Flucht in die USA, die jäh seine Kindheit beendete. Morton erwies sich in diesen Gesprächen als hellsichtiger und bei aller Sanftmut unerbittlicher Analytiker des menschlichen Wesens. Interessant: sprach Morton in seiner Muttersprache Deutsch, war er nachsichtiger, wechselte er in seine Schriftstellersprache Englisch, wurden seine Sätze schärfer, aber auch präziser. Auf Englisch verwendete er nur wenige deutsche Begriffe: Reichssporttag, Anschluss, Kristallnacht, Gauleiter. In einem englischen Umfeld klangen diese Nazi-Sprachblähungen noch lächerlicher und absurder... Muß man extra dazusagen, dass der Orf diesen großartigen, wichtigen Film um 0:10 zeigte?
Guido Tartarotti, Kurier
Credits
Buch & Regie Andrea Eckert
Kamera Jerzy Palacz
Ton Ina Fischer
Schnitt Michou Hutter
Produktion Fischer Film / ORF