KÖNIGIN JOSEFINE. DIE HAWELKAS UND IHR CAFÉ
Portrait der legendären Kaffeehaus-Besitzer
Buch und Regie Andrea Eckert, A, 2002, 55 Minuten
Produktion MMKmedia
Erstausstrahlung 01.12.2002 - ORF 2
Über "Das Hawelka" - diese Wiener Institution, Heimstatt und Zuflucht so vieler Künstler und Lebenskünstler - wurden bereits zahlreiche Filme gemacht. Dennoch es gibt keinen einzigen Film über das starke Herz dieses merkwürdigen Ortes. Dieses Herz schlägt in dem zarten Körper einer alten Dame, die jeden Besucher unmittelbar nach Betreten ihres Lokales in Empfang nimmt, ihn unter Murmeln größtenteils unverständlicher Zaubersprüche an einem der überfüllten Tische plaziert und augenblicklich mit allen Erquickungen versorgt, die ihre winzige Küche hervorbringt.
Josefine Hawelka regiert seit vielen Jahrzehnten allabendlich - außer dienstags - ihr Reich mit Umsicht, Energie, Strenge und einem präzisen Gefühl für die Hierarchie ihrer Gäste. Sie ist die Chefin des blühenden Wirtschaftsunternehmens "Hawelka", in dem sie seit sieben Jahrzehnten täglich mindestens vierzehn Stunden arbeitet.
Wir begleiten sie und ihren Mann auf ihrem täglichen, mit Disziplin und Fröhlichkeit absolvierten Marathon durch den Kaffeehausalltag: vom morgendlichen Einspannen der Zeitungen bis zum Verfertigen der berühmten Buchteln und dem Ritual des Bonzählens nach der Sperrstunde. Als erste durften wir die wertvolle Kunstsammlung filmen, die das Ehepaar Hawelka besitzt, wir werfen einen Blick in das berühmte Gästebuch - ein Kunstwerk für sich - mit Eintragungen von Elias Canetti bis Andy Warhol, von Heimito von Doderer bis Tony Blair.
In den wenigen ruhigen Momenten ihres Arbeitstages bzw. -abends erzählt Frau Hawelka von ihrem Leben, das seit frühester Jugend harte Arbeit bedeutete, spricht von ihrer Ehe und von ihrem Vater, von Kochrezepten und Begegnungen mit Künstlern. Immer wieder kommt sie auf das Kaffeehaus und ihre "lieben Gäste" zu sprechen, die sie durch ihre persönliche Zuwendung der Anonymität und Verlorenheit entreisst. Aber schon nach kurzem Verweilen fliegt sie wieder davon, um die Wünsche eines Gastes an seinen Augen abzulesen, mit Kellnern zu streiten oder ihrem Mann das Mittagessen zu bereiten. Unter der Tarnkappe des "Originals" erscheint eine vielschichtige, kluge und anarchische Frau, die ihr Leben mit unbändiger Vitalität und grossem Enthusiasmus jeden Tag neu behauptet.
Herr und Frau Hawelka - Leopold und Josefine - sind einander in unverbrüchlicher Liebe zugetan, auch wenn in der Hektik des Kaffeehausalltags manchmal ein rauher Ton herrscht. Sie konnten sich ein Leben lang auf die Solidarität des Anderen verlassen und darin liegt wohl auch der Grund dafür, dass diese beiden bemerkenswerten Menschen immer noch die Kraft haben, das Café Hawelka, diesen einzigartigen Ort, wie ein leuchtendes "unbekanntes Flugobjekt" durch sich wandelnde Zeiten zu steuern.
Pressestimmen
Kleiner Mokka, große Kunst
Eine feine Doku über das Café Hawelka
"Der Film", findet Frau Hawelka, "ist nicht langweilig und ich glaube, er kommt an." Nur eines findet sie etwas befremdlich: "Die Alte schimpft immer!"
Wen meint sie? Sich selbst. "Königin Josefine. Die Hawelkas und ihr Café" heißt eine feine Doku, die Wiens legendäres Kaffeehaus ins Zentrum stellt. Und ein gewisser keppelnder Grundton gehört nun einmal zum Repertoire der Josefine Hawelka, die für ihren bissigen Witz von den Stammgästen genau so verehrt wird wie von Leopold, ihrem Gemahl.
Mit der Produktion beweist Volkstheater-Schauspielstar Andrea Eckert einmal mehr ihr Talent als Dokumentarfilmerin. Sie überlässt die Bühne der Königin Josefine und hat ganz offenkundig eine Atmosphäre geschaffen, in der Frau Hawelka so locker und unbekümmert dahinplaudert, als wäre die Kamera gar nicht da.
Auf diese Weise entstand ein bewegtes, bewegendes Dokument über eine Wiener Institution. "Im Jahr 1913 kam ich auf die Welt als unerwünschtes Kind", hebt Josefine Hawelka an, und dann erzählt sie von kleinen Mokkas und großen Künstlern; von ihren Rezepten für Buchteln oder den richtigen Umgang mit Menschen. Doderer und Canetti, Oskar Werner und André Heller kommen vor; vor allem aber Lebenspartner Leopold. Denn "wenn die Liebe nicht dabei ist", spricht Frau Hawelka, "dann wird das nix mit so einem Café."
Kurier
Credits
Buch & Regie Andrea Eckert
Kamera Gustl Gschwandtner/Heribert Senegacnik
Kameraassistenz Max Gruber
Standfotos Gabriele Brandenstein
Ton Klaus Wachschütz
Tonmischung Peter Janda
Produktionsassistenz Eva Maria Pribyl
Produktionsleitung Bernd Schneeweis
Regieassistenz Katharina Ottinger
Schnitt Michou Hutter
Redaktion Christian Riehs
Produzent Martin Kraml
Dank an
Josefine und Leopold Hawelka
Amir Hawelka
Herrn Eduard
Herrn Gerhard
Herrn Martin
André Heller
Eine Produktion von MMKmedia und ORF