Regiearbeiten/Dokumentarfilm
Turhan BeyTurhan BeyTurhan BeyTurhan Bey mit Andrea Eckert

VOM GLÜCK VERFOLGT. WIEN – HOLLYWOOD – RETOUR
Portrait des Hollywoodschauspielers Turhan Bey

Buch und Regie Andrea Eckert, A, 2002, 41 Minuten
Produktion MMKmedia
Premiere 23.10.2002 - Viennale 02 (Stadtkino Wien)
Erstausstrahlung 03.11.2002 - ORF


In einer Villa in der Paradiesgasse, im 19. Wiener Gemeindebezirk, wohnt der ehemalige Hollywoodschauspieler und Gefährte einiger der schönsten Frauen des amerikanischen Films der 40er Jahre, Turhan Bey.
Turhan Bey wurde am 30.3.1922 in Wien geboren. Sein Vater war türkischer Diplomat, die Mutter Jüdin aus der damaligen Tschechoslowakei. Er wuchs in einem begüterten Milieu auf, was sich auch nach der Scheidung der Eltern nicht änderte.

Das sorgenfreie Leben in dem großen Hietzinger Haus in der Kuppelwiesergasse fand mit dem Einmarsch der Nazis ein jähes Ende. Turhan Beys Mutter sah die jubelnden Menschen am Heldenplatz und wusste, dass sie dieses Land verlassen mussten. Sie emigrierten über die Schweiz und Paris in die USA.

Ein Onkel arbeitet als Mathematiker für Albert Einstein und bei ihm in Princeton läßt sich die Familie vorübergehend nieder. Man ist bei Einstein öfter zum Tee geladen- der Onkel plant für seinen Neffen eine mathematische Karriere. Der wiederum verspürt dazu nicht die geringste Lust; er lockt seine Mutter mit der Aussicht auf ein mildes Klima ins sonnige Kalifornien. In Beverly Hills wird ein Haus gemietet und Turhan Bey besucht die Drama-School von Ben Bard, um sein Englisch zu vervollkommnen.
Bei einer Schüleraufführung wird er von Talentsuchern der Warner Brothers entdeckt und sofort engagiert. Der Film heißt "Footsteps in the dark", sein Partner Errol Flynn: Turhan Beys Filmkarriere hat begonnen.

So leicht ihm der Einstieg in dieses schwierige Geschäft gemacht wurde, so selbstverständlich ging seine Karriere weiter. Er spielte europäische Adelige, geheimnisvolle Orientalen, Agenten etc. Universal hatte ihn unter Vertrag und seine Partner waren Berühmtheiten wie Boris Karloff, Peter Lorre, Brenda Marshall, Kathrine Hepburn, Walter Houston, Maria Montez, Joan Hall,Merle Oberon u.v.a..

Am Ende des Krieges wurde Turhan Bey zum Militärdienst einberufen. Als er nach 18 Monaten zurückkam, hatte sich viel verändert. Universal Studios waren verkauft, die familiäre Atmosphäre, die dort geherrscht hatte, verflogen. Turhans Vertrag wurde, nachdem er eine Rolle abgelehnt hatte, an Eagle-Lion Studios weiterverkauft. Doch auch hier dreht er noch eine beträchtliche Anzahl von Filmen, bis er plötzlich beschließt, seine Karriere abzubrechen und in das Land zurückzukehren, aus dem seine Familie vor 10 Jahren geflohen war. Mit Mutter und Grossmutter im Schlepptau besteigt er das Schiff, das sie nach Europa zurückbringen wird.

In Wien werden sie, wie alle Emigranten, durchaus nicht mit offenen Armen empfangen: ihr Haus war arisiert worden, und die "Arier" denken nicht daran, es seinen Besitzern zurückzugeben. Es dauert einige Zeit, bis die Familie Bey wieder über das verfügen kann, was ihnen gehört.
Von nun an spielt das Leben Turhans in Wien; er kehrt wohl noch für einige Fernsehrollen in die USA zurück, doch sein Hauptwohnsitz bleibt Wien. Er erwirbt einige Kinos- bleibt also auf diese Art seinem alten Beruf treu- und geht seiner Leidenschaft, dem Fotographieren nach. Landschaften und schöne Frauen sind seine Lieblingssujets.

Turhan Bey war ein "Leading Man" des amerikanischen Kinos der 40er Jahre. Erst im Laufe eines Gespräches stellt man fest, dass er mit fast allen Stars seiner Zeit gearbeitet hat und gut bekannt war. Die Selbstironie, der feine Humor und die Leichtigkeit, mit der er über sein merkwürdiges Leben spricht, das ihm- seiner Aussage nach- soviel in den Schoß gelegt hat, nimmt den Zuhörer sofort gefangen. Er ist ein außerordentlich begabter Erzähler, und seine Geschichten über Tee bei Einstein, rauschende Hollywoodparties oder schöne Frauen wie Lana Turner oder Kathrine Hepburn sind unterhaltsam, interessant und nie banal. Er ist kein Adabei, sondern jemand, der in dieser Welt wirklich zu Hause war.

Abgesehen von den köstlichen Anekdoten, die er hinreißend erzählen kann, ist das Erstaunliche an seinem Charakter und seinem Lebensweg dieses Schwerelose, Losgelöste, das ihn Dinge, um die Andere gekämpft hätten, so leicht wieder aus der Hand legen ließ. Loszulassen scheint für ihn eine Selbstverständlichkeit zu sein, und so bezeichnet er sich froh als bindungslos und daher ohne Schutz der grossen Einsamkeit ausgesetzt. Sein Leben spielt sich in seinem Haus ab; um es nicht verlassen zu müssen lädt er eine kleine Runde von alten Freunden jeden Samstag zu sich zum Mittagessen; seine Wohnung und sein Auto in Beverly Hills warten auf ihn wohl vergeblich. Bei einem meiner Besuche lag eine Einladung zur Hochzeit von Liza Minelli auf dem Tisch, aber er zieht Spaziergänge mit seinem Hund oder die Arbeit in seinem zum Fotoatelier ausgebauten Dachboden vor.

Turhan Bey wurde im März 2002 achtzig Jahre alt. Ein jüdisches Schicksal des letzten Jahrhunderts.

Pressestimmen

Glitzergeschichten aus Hollywood
Doku über den Wiener Turhan Bey, der zum Filmstar wurde

"Entschuldigen Sie, wenn ich mich charmant nenne," lächelt er voller Charme, und dann erzählt er drauf los. Von Wien und Amerika, von Glück und Talent, von Glitzerglanz, Glamour-Parties und schönen Frauen.
"Ich bin vom Glück verfolgt": So lautet der Titel eines TV-Porträts des mittlerweile 80-jährigen Wieners Turhan Bey, der in den Vierzigern in Hollywood der Star unzähliger Abenteuer- und Liebesfilme war. Allein für das Jahr 1942 verzeichnet seine Werkliste elf Produktionen.
"In Hollywood bist du nur so gut wie dein letzter Film", lautet eine seiner Erkenntnisse über die Vergänglichkeit des Ruhms. Seit langem lebt der Sohn eines Türken und einer Badnerin, der kurz vor dem Weltkrieg mit seiner Mutter emigrierte wieder in Wien.
Die Schauspielerin Andrea Eckert hat ihn für eine Doku, die am Sonntag (23.10, ORF 2) ausgestrahlt wird, vor die Kamera geholt. In Erzählungen, Anekdoten und Filmausschnitten porträtiert sie den "merkwürdigen Menschen, der mich in seiner Fremdheit faszinierte".
Der Film ist eine dahinperlendes Potpourri aus Anekdoten, in denen der Altstar über "meine liebe Freundin Lana Turner" parliert, über Erroll Flynn ("er war bezaubernd zur mir") oder über das wichtigste Erkennungszeichen eines Stars: "Das ist derjenige, dessen Namen vor dem Filmtitel steht."
Einst als Lebemann gefeiert, hat er diese Rolle heute beibehalten. Politische Analysen sind seine Sache nicht: Über Emigration und Weltkrieg mag er nicht sprechen; lieber über große Gefühle: "Die wahre Heimat des Menschen ist die Sehnsucht." Sehenswert.
Kurier, 02.11.2002

Credits

Buch & Regie Andrea Eckert
Kamera Heribert Senegacnik
Kameraassistenz Max Gruber
Ton Klaus Wachschütz
Grafik Hubert Micheluzzi
Produktionsleitung Harald Wilde
Schnitt Tanja Lesowsky
Produzent Martin Kraml

Spezieller Dank an André Heller

Eine Produktion von MMKmedia